Marie Torhorst (* 28.12.1888 †07.05.1989) ist im kultur- und schulpolitischen Bereich anzusiedeln. Sie ist vor allem in Ihrer Rolle als erste weibliche Ministerin der thüringischen Landesregierung bekannt geworden. Hier bekleidete sie das Amt der Ministerin für Volksbildung, was den Höhepunkt ihrer Karriere darstellte. Marie Torhorst ist neben ihrer Schwester Adelheid Torhorst mit drei weiteren Geschwistern aufgewachsen, welche alle durch gute finanzielle Verhältnisse eine gute Schulausbildung, sowie ein Studium durchlaufen konnten. 1914 begann ihre akademische Laufbahn an den Universitäten von Bonn und Göttingen, indem sie sich für die Studienfächer Mathematik, Physik und Geographie entschied. Außergewöhnlich ist hierbei, dass auch ihre Schwester Adelheid die gleichen Fächer belegte. Zu dieser Zeit waren diese Studienfächer eine Männerdomäne. Beide Schwestern promovierten, wobei Marie 1918 mit cum laude abschloss. In dieser Zeit kamen auch politische Interessen hinzu, welche sich in der Gegnerschaft des Krieges und der Teilnahme an einer religiösen sozialistischen Gruppierung äußerten. Hierbei hatte auch ihre Schwester auf sie Einfluss. Im Jahr 1919 bestand Marie Torhorst das Staatsexamen und absolvierte eine praktische Prüfung an höheren Schulen. Nach einer zweijährigen Phase als Aushilfslehrerin an einer katholischen Mädchenschule, widmete sie sich einem Aufbaustudium in Handelswissenschaften und erhielt das Handelslehrerdiplom. Hieraus ergab sich 1923 für sie die Leitung der Höheren und Einfachen Handelsschule des Bremer Frauen-, Erwerbs- und Ausbildungsvereins. Nach dieser Tätigkeit begann sie als Klassenlehrerin an der Karl-Marx-Schule in Berlin Neukölln unter der Leitung von Fritz Karsen, zu arbeiten. In dieser Zeit gründete sie auch mit dem Pädagogen Robert Alt, die Neuköllner Ortsgruppe der Allgemeinen Freien Lehrergewerkschaft Deutschlands. Zu 1933 wurde sie, wie viele Pädagogen mit Reformansätzen, entlassen. Was sie jedoch nicht davon abhielt mit ehemaligen Schülerinnen und Schülern, Jungsozialisten und Mitgliedern der Sozialistischen Arbeiter-Jugend (SAJ) illegale Zeitungen herauszugeben. Zudem transportierte sie Berichte für die KPD ins Ausland. Nachdem sie für das Verstecken eines jüdischen Schülers verhaftet wurde, wurde sie in ein Strafarbeitslager verbracht. Nach Ende des Krieges wurde sie als Leiterin der Abteilung Lehrerbildung beim Hauptschulamt Berlin eingestellt. Hiernach folgte der Eintritt in die KPD und später die Mitgliedschaft im Volksrat. 1947 wurde sie letztendlich Volksbildungsministerin in Thüringen. Im Jahr 1950 gab sie aus Gründen der Regierungsbildung das Amt auf. Darauf folgte 1951 der Umzug mit ihrer Schwester Adelheid nach Lehnitz. In dieser Zeit wurde ihr die Leitung der chinesischen Kunstausstellung übertragen. Weitere politische Tätigkeiten folgten von 1952 bis 1957 als Leiterin der Abteilung für internationale Beziehungen des Ministeriums für Volksbildung, sowie ab 1958 bis 1964 die Leitung der Abteilung Auslandspädagogik am Deutsche Pädagogischen Zentralinstitut (DPZI). Noch mit 70 Jahren wurde sie 1958 in die Schulkommission beim Politbüro der SED berufen.
Marie Torhorst traf eine Vereinbarung mit dem Archiv der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR (APW) getroffen, sodass im Jahr 1981 alle persönlichen Dokumente von ihr und ihrer Schwester Adelheid Torhorst, übergeben wurden. Im Jahr 1989 wurden ergänzende Dokumente in das Archiv übernommen. Der Nachlass von Marie Torhorst enthält kulturpolitische, schulpolitische und pädagogische Veröffentlichungen, sowie Briefwechsel und persönliche Unterlagen. Zusätzlich wurden Fotografien und Würdigungen übernommen. Die Erschließung erfolgte nach den Regeln für die Erschließung von Nachlässen und Autographen (RNA) in der Archivdatenbank. Altsignatur 0.4.13.
Weiterführende Archivalien Nachlass Adelheid Torhorst (TORA), Archiv der BBF des DIPF Akademie für Pädagogische Wissenschaften (APW), Archiv der BBF des DIPF Deutsches Pädagogisches Zentralinstitut (DPZI), Archiv der BBF des DIPF Nachlass Karl Ellrich (ELLR), Archiv der BBF des DIPF Nachlass Gerd Hohendorf (HOHEN), Archiv der BBF des DIPF Nachlass Doris Knab (KNAB), Archiv der BBF des DIPF Nachlass Helmut (König), Archiv der BBF des DIPF Land Thüringen - Ministerium für Wirtschaft und Arbeit - Betreuung der Opfer des Faschismus - Abwicklungsstelle Buchenwald (Signatur 4057) Landesarchiv Thüringen Ratsarchiv - Frauenerwerbs- und Ausbildungsverein, 2-T.6.p.2.F.12., Staatsarchiv Bremen Berufliche Schulen für Hauswirtschaft und Sozialpädagogik, 4,39/51, Staatsarchiv Bremen Berufsverbände der Angestellten und Beamten, R 8051/197, Bundesarchiv Gewerkschaften und andere Vereinigunen von Angehörigen des öffentlichen Diensts, R 58/349, Bundesarchiv Volksbildungsministerium, DC 1/1491/ DR 2, Bundesarchiv
Quellen Sabine Harik: Findbuch zum Nachlass Dr. Adelheid Torhorst (1884-1968) und zum Nachlass Prof. Dr. Marie Torhorst (1888-1989) nebst Verzeichnis von Quellen in anderen Archiven und Einrichtungen. Berlin 2006.
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